Sonntag, 29. Mai 2011

das dritte Wochenende...

Da nun alle bis auf Thiago - im wahrsten Sinne des Wortes - ausgeflogen waren, habe ich mich auf ein ruhiges Wochenende eingestellt.
Tatsächlich aber habe ich gleich den Samstag mit früh Aufstehen begonnen und bin um 7:00 in den nahegelegenen Park gegangen, um mir den Volkssport anzusehen, von dem meine Kollegen berichtet haben. Wer mich kennt, der weiß, wie schwer ich morgens aus dem Bett komme - aber es war es wirklich wert, das Schauspiel einmal live zu sehen.
Tatsächlich handelt es sich weniger um Volkssport, als um einen Pensionisten-Sport-Treff, aber das hat das Ganze noch ein wenig erstaunlicher gemacht... Es gibt einige Gruppierungen, die Schwert-Fuchtler hab ich nicht fotografiert (aus Angst)..

Line Dancing - bestimmt um die 100 Menschen..
Tai Chi mit Schwertern (weniger Gefuchtel, weil geführte Bewegungen, daher weniger Angst meinerseits)
Fächertanz, mehr Gefuchtel, aber ungefährliches Gerät

...die Straßenreinigung muß auch den See im Park sauberhalten... :-)

Nach diesem Spektakel und einem weiteren gewöhnungsbedürftigen chinesischen Frühstück (ich halte mich diesbezüglich übrigens SEHR wacker, esse brav jeden Morgen etwas, mit größerer oder kleinerer Abneigung) - diesmal gab's unter anderem chili-scharfes gekochtes Kraut, Tofustückchen mit Paprika und Lotusfrucht und Teigklumpen mit Sojabohnen - hab ich mich zum Einkaufssamstag begeben.

Da ich nicht so sehr durch elektronische Geräte zu faszinieren bin wie meine Kollegen, ist die Shoppingtour bei mir eher ergebnislos geblieben (mein Kollege Thiago hält den absoluten Rekord mit etwa 20 elektronischen Beutestücken, die er gekauft hat, davon - man höre und staune - 3 Haarföns!!!). Ich habe mich dann in den Bekleidungsmarkt begeben, aber es überrascht nicht, daß ich feststellen mußte, daß jegliche verfügbare Bekleidung hier in China nicht für Menschen meiner Körpergröße ausgelegt ist.

Nach eher ernüchterndem, dafür höchst schwül-heissem Einkaufserlebnis, bin ich erschöpft wieder im Hotel gelandet. Es war mittlerweile Nachmittag und ich habe mich immer noch  mit dem Gedanken getragen, eine Peking Oper anzusehen. Erleichtert hat mir die Entscheidung das Angebot Emilys, (unserer ABV-Studentin, die für eines unserer Teams übersetzt), mich dorthin zu begleiten.
Also haben wir uns um 18:00 verabredet - durch die katastrophale Taxi-Situation um diese Zeit waren wir erst um 19:00 bei der Oper. Gott sei Dank hat die Vorstellung erst um 20:00 begonnen - wir waren also zu früh da.
Kurzentschlossen hat Emily mich mit dem Worten "geh schaut's, sie kommt von sooo weit her, aus Österreich, seid's lieb und lasst sie die Schauspieler treffen" (meine freie Übersetzung ihrer chinesischen Überredungskünste) an den Ticket-Kontrolleuren vorbei in den Bereich der Hinterbühne und der Schauspielergardaroben gelotst. Ich hänge an dieser Stelle 3 Bilder rein - die restlichen werde ich später im Teamblog posten, bitte schaut dort auch vorbei (http://cscchina13.blogspot.com)..

die Hauptdarstellerin vor der Vorstellung
die Nebendarstellerin - ähem.. na gut... durfte ein Kostüm probieren... :-)
hier zeigt man mir, wie ich eines der Orchesterinstrumente richtig halten muß, um mitspielen zu dürfen...

Die Vorstellung war komplett ausverkauft. Die Peking Oper als solche ist größtenteils eine große Herausforderung für westliche Ohren, wie erwartet. Meine Ohren waren aber die einzigen westlichen im Saal.
Erstaunlicherweise war der Gesang noch besser zu verkraften als die Sprechpassagen. Die Peking Oper ist zweifellos etwas für Fortgeschrittene... Die ersten 2 Stunden hab ich tüchtig durchgehalten und irgendwie war's auch sehr spannend und interessant. Die letzte halbe, dreiviertel Stunde war dann wirklich hart. Mein Kopf hat schon gedröhnt und ich konnte echt nicht mehr sitzen. Es gab übrigens ein paar erstaunliche Aspekte zu verzeichnen:
1) in China ist es nicht üblich, während einer Aufführung still zu sein - permanent rennen die Leute herum, gehen raus aufs Klo oder mal eine Zigarette rauchen
2) obwohl die Vorstellung erst um 20:00 begonnen hat, sind viele Kinder anwesend
3) keiner stellt sein Handy auf stumm, dauernd dudelt irgendwo ein Telefon
4) die Leute reden auch durchaus während der Vorstellung miteinander und keiner sagt genervt psssssssst
5) es gibt dafür keine Pause - 150 Minuten nonstop
6) die Sitze werden niemals gereinigt
7) im Orchester findet sich für Mitteleuropäer kein einziges bekanntes Instrument
8) die Akteure haben Mikrophone, was das Hörerlebnis intensiver macht
9) Kostüme und Schminke sind sehr schön und kunstvoll
10) die Geschichte der Oper war v.a. lehrreich (teile, wenn Du viel hast, dann wird man Dir helfen, wenn Du in Not bist) und hat erfreulicherweise weder von Kampf, noch von Krankheit, noch von Herz-Schmerz gehandelt.

Nach der Vorstellung war ich jedenfalls komplett erledigt. Wollte eigentlich gestern noch hier schreiben, aber das war nicht mehr drin.

Heute waren Lucy, Thiago und ich privat zu Besuch (zum Mittagessen) bei der Marketingverantwortlichen einer der Firmen, für die wir arbeiten. Wir waren über 4 Stunden dort, aber Ihr Mann und sie haben sich so unglaublich gefreut (v.a. über Thiago muß man ehrlicherweise zugeben), und es war sehr nett (aber auch ein bißchen anstrengend, wg. Übersetzung und so). Jetzt fürchten wir uns, wie unser Übersetzer reagieren wird, wenn er durchschaut, daß wir ihn ausgeladen und unsere ABV-Team-Mama stattdessen mitgenommen haben. uiuiui...

Ich poste das jetzt mal und schick nachher noch ein Foto von der Lunch-Gesellschaft heute... wir gehen jetzt nämlich Abendessen... alles Liebe und bis später,  Susanne

1 Kommentar:

  1. Liebe Susi, wow, das klingt nach einem echten Kulturschock. Habe mir auch das Video auf dem anderen Blogg angesehen und schon die wenigen Sekunden sind eine Herausfoderung für westliche Ohren :) Aber toll natürlich, dass Ihr auch ein bißchen hinter die Kulissen sehen durftet, klasse!
    Die ganze Oper ist bestimmt eine tolle Erfahrung gewesen, auch wenn das Deine Ohren nicht so sehen :)
    ich wünsche Dir einen guten Wochenauftakt und freue mich auf jede Zeile, die Du schreibst! Alles Liebe, Deine Andi

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